Unser 125-jähriges Vereins-Jubiläum

125 Jahre Imkerverein Diepholz und Umgegend von 1898

– Gedanken hierzu vom jetzigen Vereinsvorsitzenden Peter Wagner –

125 Jahre – das ist wieder einmal so eine magische Zahl, di zählte er 29 Mitgliedere ans Gedenken der Ursprünge gemahnt. Aber beim besten Willen, so weit kann ich mich nicht erinnern – da bin ich schon auf Berichte aus früherer Zeit angewiesen, oder auf plausible Vermutungen. Wirklich viel Greifbares ist nämlich aus der Anfangszeit nicht überliefert. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gründeten sich viele Vereine – Gesangsvereine, Sportvereine und eben auch Kleintierzüchter und Gartenbauvereine. Was uns heute vielleicht ein wenig altbacken erscheint, war damals geradezu revolutionär – immerhin war das Recht auf Vereinigungsfreiheit nicht selbstverständlich, sondern in zähem Ringen gegen erheblichen Widerstand dem preußischen Staate abgefordert worden. Und das Grundrecht, Vereine zu bilden, hat vor diesem Hintergrund auch Eingang in die Verfassung der BRD (ART.9) gefunden.

Die Gründe, einem Verein beizutreten, haben sich im Laufe der Zeit stark verändert – anfangs waren sie vermutlich überwiegend materieller Natur. Was heute dank moderner Kommunikations- und Transportmittel schnell erledigt ist, bedurfte damals sorgfältiger und aufwändiger Planung. Sei es die gemeinsame Interessenvertretung, der Erwerb von Know-how durch Erfahrungsaustausch und Schulungsredner, Hilfe auf Gegenseitigkeit beim Anfertigen von Werkzeugen und Gerätschaften, Vermarktungsmöglichkeiten usw.

Dafür nahm man dann auch schon mal mehrstündige Anreisen (Fußmarsch!!) zu Versammlungen in Kauf.

Man kann davon ausgehen, dass die damaligen Imker (praktisch ausschließlich Männer) die Bienenhaltung vorrangig zur Verbesserung der Familienernährung und als Zurerwerb betrieben. Und wie in anderen Berreichen der Landwirtschaft auch unterliegt der Erfolg oft unwägbaren Schwankungen, die kaum zu beeinflussen sind. Man denke beispielsweise nur an die Abgabepflicht von Bienenvölkern nach dem 1. Weltkrieg als Reparationsleistung an den zuvor überfallenen Nachbarn Frankreich.

Laut Unterlagen des „Bienenwirtschaftlichen Centralvereins für die Provinz Hannover“ ist der Imkerverein Diepholz im Jahre 1898 gegründet worden, 1900 und 1910 zählte er 29 Mitglieder, 1916 waren es schon 48. Diese imkerten ausschließlich in traditionellen Strohkörben (525 Völker). Das genaue Einzugsgebiet des Vereins ist nicht mehr zu bestimmen, möglicherweise war es der gesamte Altkreis. Später kamen Abspaltungen und/oder Neugründungen in Lemförde, Rehden, Barnstorf und Drebber hinzu. Der „Bienenwirtschaftliche Verein Diepholz von 1898“ beschloss 1934 mehrheitlich, im Zuge der sog. Gleichschaltung in Nazideutschland sich dem Reichsverband deutscher Kleintierzüchter, Reichsfachgruppe Imker anzugliedern und nannte sich fortan „Ortsfachgruppe Imker – Diepholz“. Wahlen gab es dann 12 Jahre lang keine mehr…

Nach dem 2. Weltkrieg galt es, trotz der allgegenwärtigen Mangelwirtschaft „irgendwie“ über die Runden zu kommen. Es gibt Berichte über die Zuteilung von „vergälltem“ Industriezucker für die Winterfütterung, der farblich und geschmacklich verändert war, um eine missbräuchliche Nutzung zur Schnapsherstellung zu verhindern. Holz für Bienenkästen war Mangelware, Improvisation war gefragt. 1948 gab es eine (!) Honigschleuder für den gesamten Verein Diepholz, noch 1972 bestand die Bücherei des Imkervereins Drebber aus genau 9 Büchern.

Zwischen 1970 und 1995 fusionierten die vorgenannten Einzelvereine Lemförde, Barnstorf, Rehden und Drebber mangels Nachwuchs wieder mit der Diepholzer Verein, der sich seither „Imkerverein Diepholz und Umgegend von 1898“ nennt.

1986 kam mit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl erstmals das Bewusstsein für die weltweite Vernetzung von Ökosystemen auf. Die Bienen tragen immer einen Fingerabdruck ihrer Umwelt nach Hause in den Stock, so eben auch radioaktiv belasteten Nektar. Etwa in dasselbe Jahr fiel aus Imkersicht eine weitere menschengemachte Katastrophe: Das Auftreten und die grassierende Verbreitung eines aus Asien eingeschleppten Parasiten, der blutsaugenden und Infektionen übertragenden Milbe Varroa destructtor.

Die folgenden 25 Jahre waren gekennzeichnet von einem stetigen Rückgang der Mitgliederzahlen infolge von Überalterung und damit verbundenen geringeren Völkerzahlen. Die Imkerei als alte Kulturtechnik drohte auszusterben. Erfreulicherweise ist hierr seit ca. 10 Jahren eine Trendumkehr zu beobachten. Das Image des Imkers hat sich gewandelt vom kauzigen Eigenbrötler in der hinteren Gartenecke zum naturverbundenen und ökologisch interessierten Mitbürger. Der Frauenanteil steigt ständig auf bislang immerhin ca. 25%, verstärkt interessieren sich auch junge Menschen. Ihre Motivation ist nicht mehr vorrangig Honigertrag, sondern Begeisterung für die faszinierenden Vorgänge um das Bienevolk. Diese Entwicklung ist sehr zu begrüßen, denn leider sind auch die Probleme gravierender geworden, mit denen die Honigbiene hierzulande konfrontiert ist. Die Varroamilbe wurde schon genannt, allein sie sorgt schon dafür, dass die Honigbiene als freilebendes Wildtier in Westeuropa praktisch ausgestorben ist, so hart wie das klingt. Jede Biene, die unsere heimischen Kultur- und Wildpflanzen bestäubt, steht mittlerweile in der Obhut des Menschen. Hinzu kommt, dass immer größere Flächen mit Nichttrachtpflanzen bebaut werden und die chemische Industrie mit Insektiziden und Herbiziden zur vermeintlichen Ertragsoptimierung beiträgt. Mittlerweile erkennen immer mehr Zeitgenossen – nicht nur Imker, sondern auch andere für die Ernährung verantwortliche – dass dieser Weg in eine Sackgasse führt. Sollte die Bienenhaltung hierzulande zum Erliegen kommen, so wäre es damit auch mit der Bestäubungsleistung für viele Nutzpflanzen vorbei, die wir Imker kostenlos so nebenbei für die Gemeinschaft erbringen (volkswirtschaftlicher Wert ca. das 15-fache des Honigertrags!!).

Hoffen wir also, dass es immer genug Mitmenschen gibt, denen die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt ein Anliegen ist und die sich deshalb in der Bienenhaltung engagieren. Mindestens die nächsten 125 Jahre.

Imkersatand im Barnstorfer BUEZ mit neuer Beschriftung. Im Vordergrund Jürgen Gück, Peter Wagner, Jürgen Sprie v.l.