Seit Jahren beobachten Forscher den weltweiten Rückgang der Bienenpopulation mit Sorge. Oftmals werden Pestizide für das Sterben verantwortlich gemacht.
Falsch, meint der bekannte Lebensmittelchemiker Udo Pollmer hier im Deutschlandradiobeitrag:
Schuld seien die Imker selbst.
Weltweit sterben die Bienen. Bald täglich erreichen uns Meldungen, Pestizide würden der allseits beliebten Biene Maja ein schmähliches Ende bereiten. Seltsam nur, früher haben die Bauern regelmäßig Insektengifte versprüht, für die Bienen hat sich niemand interessiert.
Nordbienen waren nur mäßige Honigsammler
Zum Leidwesen der Imker waren diese Tierchen stechlustig aber nur mäßige Honigsammler. Deshalb begannen unsere Bienenväter um 1950 die heimischen Nordbienen auszurotten. So wollten sie verhindern, dass sich deren Drohnen an die reinrassigen Hochleistungs-Königinnen ranwanzen und die ehrgeizigen Zuchtziele gefährden.
Abgelöst wurde die Nordbiene von der Kärntner Biene, die vom Donaubecken bis zum Balkan heimisch ist. Dank intensiver züchterischer Bearbeitung ist es heute das ideale Nutzvieh: bienenfleißig, mit gutem Orientierungssinn, sie sitzt ruhig auf der Wabe, sticht nicht, schwärmt nur selten, ist im Winter billig im Unterhalt und entwickelt sich im Frühjahr schnell.
Die Imker haben ihre Kärntner Hochleistungsbiene gedankenlos in ferne Ökosysteme verpflanzt, und damit begann das Elend. Denn Nektar und Pollen haben je nach Tracht ganz unterschiedlichen Nährwert. Manche sind sogar giftig. Natürlich meiden die Bienen, wenn möglich, giftige Trachten. Aber wenn sie in riesigen Monokulturen ausschwärmen sollen, haben sie keine Wahl.
Nicht zufällig sind die größten Völkerverluste bei der kalifornischen Mandelblüte zu beklagen. Der Baum liefert blausäurehaltiges Amygdalin, und das ist für Bienen ziemlich giftig. Gehen davon die Bienenvölker ein, verdächtigen alle reflexartig die Pestizide.
Danach sucht kein Labor
Gewöhnlich übernimmt die Darmflora der Biene das Entgiften pflanzlicher Abwehrstoffe. Aber es reicht halt nicht immer. Vor allem dann, wenn sie durch Antibiotika wie Tylosin geschädigt ist oder durch Streptomycin, mit dem Obstbäume behandelt werden. Danach sucht kein Labor.
Stattdessen werden Pestizide analysiert und wenn man so gut wie nichts findet, erklären Umweltschützer, daran könne man sehen, wie riskant bereits Ultraspuren seien.
Dummerweise hat die Kärntner Biene eine Engelsgeduld. Sanfte Immen sind nicht nur zu den Menschen lieb, sondern auch zur Varroamilbe. Diesen Parasiten haben die Bienenzüchter vor einigen Jahrzehnten aus Asien eingeschleppt.
Der dort heimischen Honigbiene wird der Parasit nicht gefährlich, sie bekämpft Milben im Stock konsequent. Ihre Völker sind gesünder, aber sie liefern zu wenig Honig.
Neue Bienen braucht das Land
Die Varroa ist nicht nur eine Blutsaugerin, sie verbreitet auch Krankheiten. Vor den Zeiten der Milbe kam das Immunsystem der Kärntner Biene mit den meisten Erregern zurecht. Aber seit einige Viren herausgefunden haben, dass sich die Milbe gewissermaßen als Injektionsnadel eignet, hat sich das Blatt gewendet.
Die Erreger gelangen inzwischen durch den Stich der Milbe in die Blutbahn der Biene. Die neuen Viren wie das DWV bewirken genau das, was man den Pestiziden unterstellt: Die Bienen verlieren ihre Orientierung, verirren sich in fremde Stöcke und tragen so die Krankheit weiter.
Wir brauchen eine Kehrtwende in der Züchtung, wir brauchen Bienen, die an das jeweilige Ökosystem angepasst sind, auch wenn die Stechlust steigt und die Honigernte sinkt.
Mahlzeit!
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Literatur
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